Empörungswettbewerb der Superbetroffenen
Das Entsetzen über die Wahl des Thüringer Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich (FDP) kennt weiter keine Grenzen. Journalisten, Kommentatoren und Politiker liefern sich einen erbitterten Überbietungswettbewerb, wem es gelingt, die größtmögliche Erschütterung zur Schau zu stellen. Kein Superlativ ist dafür zu groß, kein historischer Vergleich zu bemüht.
Wer die ein oder andere Stellungnahme liest, könnte glauben, die Nationalsozialisten stünden mit geladen Gewehren vor der Tür, bereit, Deutschland und die Welt erneut ins Unglück zu stürzen. Galt bislang der Holocaust als Zivilisationsbruch, sehen nun einige in der Wahl Kemmerichs einen ebensolchen. Am Tag eins nach der Stunde Null gelingt es Politikern wie dem FDP-Bundestagsabgeordneten Jens Brandenburg nur mit Mühe, sich aus der Schockstarre zu rühren. „Kaum geschlafen, der Albtraum hat kein Ende“, schreibt er auf Twitter. Die Annahme „der Nazi-Stimmen“ widersprecht allem, was den Freien Demokraten heilig sei.
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