Europa in der Coronakrise – „Dann wird auf den Ruinen der EU etwas Neues entstehen“
Der polnische Europaparlamentarier Zdzisław Krasnodębski glaubt, dass die Europäische Union an der Coronakrise zerbrechen wird. Im Interview spricht er über zerstörte Illusionen, falsche Hoffnungen und einen Realitätsschock, der vielleicht sogar heilsam sein könnte.
Der polnische Europaparlamentarier Zdzisław Krasnodębski glaubt, dass die Europäische Union an der Coronakrise zerbrechen wird. Im Interview spricht er über zerstörte Illusionen, falsche Hoffnungen und einen Realitätsschock, der vielleicht sogar heilsam sein könnte.
Herr Krasnodębski, wir trafen uns zum letzten Mal vor gut einem Jahr, als ich eine Reportage über die bevorstehenden Europawahlen schrieb. Damals kritisierten Sie, die Institutionen der EU würden sich zu viele Kompetenzen anmaßen. In der Corona-Krise erleben wir heute, dass die einzelnen EU-Staaten nur sich selbst zu vertrauen scheinen. Wie bewährt sich die Europäische Union in der aktuellen Krise?
Ich habe zwei Videokonferenzen mit EU-Kommissaren erlebt und muss sagen: Sie tun, was sie können. Aber natürlich sehen wir in dieser aktuellen Situation der Bedrohung, dass die EU keine Kompetenzen hat, um angemessen darauf zu reagieren. Im Prinzip war ja schon seit Dezember klar, was da auf uns zurollt. Trotzdem wurden keine gemeinsamen Vorkehrungen getroffen. Die EU kann jetzt nur koordinieren und an der einen oder anderen Stelle unterstützen und Geld verteilen. Deswegen wird ja derzeit auch allenthalben Kritik geübt an der EU, nicht zuletzt in Polen. Aber diese Kritik geht irrtümlich davon aus, die EU könne mehr leisten. Doch das ist eben nicht der Fall. Im Prinzip führt uns diese Krise auf den Boden der Realitäten zurück.